Warum Leon Draisaitl derzeit der beste Eishockeyspieler der Welt ist

Photo credit: © Perry Nelson-Imagn Images
Dec 15, 2024, 08:22 EST
Leon Draisaitl ist einer der besten Eishockeyspieler der Welt, soviel ist recht unbestritten. Derzeit steht er mit 45 Scorerpunkten auf Rang 4 und mit 22 Treffern auf Rang 1 der Liga. Elf Jahre nachdem die Edmonton Oilers den Kölner an insgesamt dritter Stelle gedraftet haben, stehen 895 Punkte (369 Tore) zu Buche. Marco Sturm als bis dahin punktbesten Deutschen in der besten Eishockeyliga der Welt, hat Draisaitl bereits im April 2021 übertroffen und wenn er die nötigen fünf Scorerpunkte bis zu seinem 900. Punkt der Karriere noch sammelt, wird er der 129. Spieler in der Geschichte der Liga sein, der diesen Wert erreicht. Was seinen Status nur noch verdeutlicht ist, dass die meisten Spieler in der ewigen Scorerliste, die er demnächst überholen wird, einige Hundert Spiele mehr absolviert haben, bis dieser Meilenstein erreicht wurde. In die Sphären der 10 punktbesten Spieler der NHL-Geschichte könnte Leon Draisaitl am Ende seiner Karriere ebenfalls aufsteigen. Zwar wären dafür wohl 700 bis 800 weitere Punkte nötig, aber angesichts seines Vertrags, den er erst kürzlich bis 2033 mit den Oilers verlängert hat, ist dieser Meilenstein durchaus in Reichweite. Apropos Vertrag und Bestmarken: der ab der kommenden Saison greifende, neue Vertrag ist mit 14 Millionen US-Dollar dotiert – freilich ist er damit der bestbezahlte deutsche Eishockeyspieler der Geschichte.
Die Diskussion um die Einordnung seiner Leistungen sind so alt, wie seine NHL-Karriere. Fakt ist: auf die gesamte Laufbahn bezogen, ist Connor McDavid, sein Teamkollege und Kapitän der Oilers, in einer eigenen Liga unterwegs. McDavid könnte als zweiter Spieler die 2.000 Punktemarke erreichen. Der Bestwert, der ultimative Rekord von Wayne Gretzky, von 2.857 Punkten wird aber mit großer Sicherheit auf ewig unantastbar bleiben.
Neben Connor McDavid gibt es aber natürlich noch andere Namen in der Liga, die ihr nicht nur den Stempel aufdrücken, sondern auch in die Geschichtsbücher eingehen werden, wie beispielsweise Nathan MacKinnon, Auston Matthews oder auch Nikita Kucherov. Derzeit muss man auch Kirill Kaprizov in dieser Liste führen. Der 27-jährige Russe ist selbstredend schon immer ein extrem guter Eishockeyspieler, aber vor allem in der letzten und der aktuellen Saison hat Kaprizov sein Spiel nochmal auf ein anderes Level gehoben.
Was bringt mich nun also zu der These, dass Leon Draisaitl derzeit der beste Eishockeyspieler der Welt ist? Natürlich punktet der 29-jährige konstant auf hohem Niveau, aber das machen andere auch, allen voran die oben genannten. Draisaitl hat seit Anfang November 15 Punkte im 5v5, also ohne Special Teams, erzielt. Mehr gescort haben aus meiner Topspielerliste nur Nathan MacKinnon (18), Connor McDavid und Kirill Kaprizov (je 16). Mit 8 Treffern und einer Schussgenauigkeit von 20% führt Draisaitl diese illustre Runde in beiden Kategorien an. Zwar haben alle Kandidaten mehr Vorlagen gegeben, allerdings hat keiner mehr sogenannte “First Assists” gesammelt, also unmittelbare Zuspiele, die zum Tor führten, als der Deutsche. Wie im Eishockeysport üblich, haben beide Assists den selben Stellenwert, aber klar ist auch, dass der letzte Pass meistens der entscheidende ist. Ebenfalls auffällig, aber einhergehend mit seiner Schussquote: alle anderen Topstürmer haben einen höheren xG-Wert. Das bedeutet, dass die Situationen, die sie sich erspielt haben, eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit hatten. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass Leon Draisaitl aus weniger gefährlichen Situationen heraus mehr Treffer erzielt, als alle anderen Starangreifer der NHL. Außerdem möchte ich anmerken, dass er für all diese Werte weniger Eiszeit pro Spiel als die Herausforderer benötigt hat.
Als letzten und für mich tatsächlich entscheidenden Punkt möchte ich aber anbringen, in welchen Rollen diese Spieler in ihren Clubs unterwegs sind. Natürlich wissen wir alle, dass Draisaitl auch gern mit McDavid zusammengestellt wird, vor allem in spielentscheidenden Phasen bei knappen Ergebnissen bzw. Rückständen, nach einem überstandenen Unterzahlspiel der Oilers oder auch um ein hohes Momentum zu erzeugen. Aber grundsätzlich spielt Leon Draisaitl seit geraumer Zeit, vor allem seitdem es fürs Team wieder deutlich besser läuft, in der zweiten Reihe und eben nicht mit McDavid zusammen, der die erste Reihe anführt. Nathan MacKinnon und Co. sind alle in der Topreihe aufgestellt und das meist mit anderen Stars, wie beispielsweise MacKinnon mit Rantanen, Matthews mit Marner oder Kucherov mit Point und Guentzel. Weiterhin ein Pluspunkt für Leon Draisaitl: seine Nebenleute sind mit Kasperi Kapanen und Vasily Podkolzin zwar durchaus keine schlechten Spieler und bringen offensichtlich eine gute Chemie mit dem Deutschen aufs Eis, aber a) sind sie keine Topspieler und b) waren sie für diese Rolle nie vorgesehen. Dafür wurden eigentlich Jeff Skinner und Viktor Arvidsson vor der Saison geholt. Skinner findet sich nach einigen schwachen Leistungen nur in der dritten Reihe wieder und Arvidsson ist seit 14 Spielen verletzt.
Das reicht euch nicht als Überzeugungsarbeit und das Argument, dass Draisaitl nur von McDavid profitiert, erscheint euch noch immer allzu stark? Nun, das Gegenteil ist der Fall. Wenn beide gemeinsam im 5v5 auf dem Eis stehen, wächst dagegen kein Kraut – klar. Hierzu schauen wir uns den sogenannten “Goal Share”-Wert von 75% an. Bedeutet: Wenn ein Tor mit beiden zusammen auf dem Eis fällt, dann ist es zu 75% für die Oilers. Wenn Leon ohne Connor McDavid auf dem Spielfeld ist und es fällt ein Tor, dann ist dieser Wert mit 57% natürlich schwächer, aber immer noch sehr gut. Hingegen sinkt dieser Wert für McDavid, wenn dieser ohne Draisaitl spielt, auf 45%. Also: Leon kann es nicht nur mit McDavid, nein, er macht den derzeit “nur” zweitbesten Eishockeyspieler der Welt sogar besser!
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