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Neuer General Manager für die Oilers oder die Schande von Edmonton
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Photo credit: JERRY LAI-USA TODAY SPORTS
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Jul 24, 2024, 17:03 EDT
Die Niederlage im entscheidenden Spiel 7 gegen die Florida Panthers war das letzte Spiel von Ken Holland als General Manager und President of Hockey Operations der Edmonton Oilers, also in der höchsten Position für den sportlichen Bereich, direkt dem CEO Jeff Jackson unterstellt.
Holland’s Abgang war die Chance für einen Neuanfang und den nächsten Schritt der Modernisierung der Franchise, welche mit der Anstellung von Jeff Jackson im letzten Sommer begonnen hatte. Während dem NHL Entry Draft 2024 und zu Beginn der NHL Free Agency sah alles danach aus – Trades und Verpflichtungen sprachen für eine völlig neue Herangehensweise bei den Oilers.
Doch wie passt nun diese Entscheidung, die Ernennung von Stan Bowman als General Manager und Vice President of Hockey Operations dazu? Überhaupt nicht!
Bowman war von 2001 bis 2021 Teil der Chicago Blackhawks und seit 2009 der General Manger und gewann die Stanley Cups in den Jahren 2010, 2013 und 2015. Wie Ken Holland hatte er die sportliche Verantwortung für eines der erfolgreichsten Teams der letzten 30 Jahre, hatte aber die folgenden Jahre Probleme das älter werdende Team mit den großen Verträgen der Stars in der Erfolgsspur zu halten – ähnlich wie Ken Holland seinerzeit in Detroit.
Im Mai 2021 hat der ehemalige Spieler der Blackhawks, Kyle Beach, anonym Vorwürfe erhoben, er sei Opfer von sexueller Gewalt von Brad Aldrich, dem damaligen und ehemaligen Videoanalysten in Chicago gewesen. Die Vorfälle sollen während der Playoffs im Jahr 2010 geschehen sein. Kyle Beach verklagte die Organisation der Blackhawks, da sie ihren Pflichten nicht nachgekommen sei, entsprechend mit dem Fehlverhalten von Aldrich umzugehen und entsprechende juristische Prozesse einzuleiten. Stattdessen wurde Aldrich die Option gegeben, ohne große Aufruhr den Job zu verlassen. Dies führte dazu, dass Aldrich die Möglichkeit bekam weitere Positionen im Eishockey zu begleiten und weitere Vergehen von sexueller und sexualisierter Gewalt zu begehen. Für die Vergehen wurde Aldrich dann auch zu einer Haftstrafe verurteilt.
Stan Bowman hat im Oktober 2021 seine Rolle bei den Blackhawks verlassen, nachdem in einer Untersuchung zweifelsfrei festgestellt wurde, dass sein Versäumnis die Sachlage zu melden einen erheblichen Beitrag geleistet hat, dass Aldrich die Möglichkeit hatte, jene weiteren Straftaten zu begehen. Die NHL hatte Bowman zusätzlich für eine Position in einer NHL Franchise gesperrt und die Bedingung gestellt, dass weitgreifende Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Sperre zu beenden.
Am 10. Juli wurde diese Sperre aufgehoben, ohne dass spezifiziert wurde, welche Maßnahmen Bowman ergriffen hat.
Wir als oilersnation.de hatten uns bereits kritisch zu Wort gemeldet, als die Verpflichtung von Duncan Keith bekannt wurde, da jener Verteidiger der damaligen Blackhawks Dynastie auch mutmaßlich beigetragen hat, den Vorfall weder zu melden, vielleicht sogar bewusst unter den Mantel des Schweigens zu verhüllen. Mutmaßlich. Eine weiterführende Untersuchung hab es dahingehend nicht.
Keith, damaliger Core-Player und Assistenzkapitän will nichts mitbekommen haben. Dies fällt schwer zu glauben und gilt ebenfalls für die anderen Schlüsselspieler wie Jonathan Toews oder Patrick Kane.
Die Situation um Stan Bowman, Sohn des erfolgreichen Trainers Scotty Bowman (9 Stanley Cups als Trainer), ist nun etwas anders: Bowman wurde ohne Zweifel und ohne Widerspruch für hauptverantwortlich befunden, dass einem jungen Mann in seiner Organisation, für die Bowman hauptverantwortlich war, nicht geholfen wurde. Kyle Beach wurde nicht geholfen! Er war Opfer sexueller Gewalt eines Angestellten in Stan Bowman’s Team und Stan Bowman hat nicht falsch gehandelt, er hat gar nicht gehandelt und dies ist nicht zu akzeptieren. Ein junger Mann, der den mutigen Schritt ging, sich nach dieser widerlichen Tat bei seinen Vorgesetzten zu melden, wurde völlig ignoriert. Angeblich im Sinne des Erfolgs? Des Teams? Was rechtfertigt der Erfolg? Dies war auch schon eine essentielle Frage bei der Verpflichtung von Keith und dem zwischenzeitlichen Thema der Causa “Aldrich”, bei dem die Beteiligten unglückliche Figuren abgaben. Auch unser damaliger Coach Dave Tippett fand wenig geistreiche Worte, als er erklärte, er kenne in Chicago viele Beteiligte und wolle da kein Urteil fällen. Der korrekte Umgang mit dieser Straftat sah und sieht anders aus.
Die Edmonton Oilers waren auf dem besten Wege, wie eingangs beschrieben, eine Elite-Organisation zu werden, in der alte Zöpfe endlich abgeschnitten, neue Wege eingeschlagen und progressive Ansätze verfolgt werden. Stattdessen verpflichtet man ohne Not einen Mann, der nachweislich überfordert war mit seiner Rolle als Verantwortlicher einer so großen Unternehmung. Sportlich kann man von der Verpflichtung halten, was man will. Drei Stanley Cups in seiner Ära sind natürlich etwas, wonach man sich in der City of Champions sehnt, aber auch er haderte mit dem Älterwerden seiner Stars, mit den ausbleibenden, hohen Draftpicks und dem Fakt, dass einem Contender niemand etwas schenkt. 2021, in dem Jahr seiner Abberufung, war man in Chicago bereits das dritte Mal innerhalb der letzten vier Jahre an der Qualifikation für die Playoffs gescheitert (der einzige Einzug war gegen uns in der durch Covid gekürzten Saison in den unsäglichen Pre-Playoffs).
Wie vormals geschrieben, war die Wiederkehr in die NHL an Bedingungen geknüpft, die dem Vernehmen nach dazu dienen sollten, zu lernen, wie auf etwaige Vorfälle zu reagieren ist, sich generell mit dem Thema sexualisierte/sexuelle Gewalt auseinanderzusetzen bzw. seiner Führungsrolle gerecht zu werden. Was genau und konkret passiert ist, bleibt ein Geheimnis. Laut dem CEO Jeff Jackson hatte Bowman die letzten zweieinhalb Jahre eng mit Sheldon Kennedy, einem der führenden Experten im Umgang mit sexueller Gewalt, zusammengearbeitet. Dieser bescheinigte Jackson “dass er sicher sei, Stan hat aus seinen Fehlern gelernt”. Nun denn.
Völlig ad absurdum führte Jackson in die Pressekonferenz ein, als er erklärte “Stan und ich teilen die Vision, wie man ein Team zusammenstellt und wie man eine Elite-Organisation im Front Office wird…ich fühle mich sehr gut damit, dass unsere Visionen dahingehend zusammenpassen”. Aha?! Einem Strafvereitler wieder in seinen alten Job zu verhelfen, obwohl es genügend Alternativen gäbe, die wahrscheinlich sportlich nicht mal schlechter wären? DAS ist deine Vision, Jeff?
Es bleibt dabei: wir sind maßlos enttäuscht und stehen gerade in diesen Fällen, die es leider in der nordamerikanischen Hockey-Welt viel zu oft gab und gibt, immer klar zur lückenlosen Aufklärung und zu den Opfern, die viel zu oft verharmlost und vertuscht werden. Im Bereich der sexualisierten/sexuellen Gewalt gibt es ganz oft keine Zeugen. Da reicht es einfach nicht mit false balancing zu betonen, dass es auch mutmaßliche Opfer gäbe, die die mutmaßlichen Täter ausnutzen und sich Geld und Ruhm erhoffen. Ja, diese gibt es leider. Aber diese vermeintlichen Opfer stehen zahlenmäßig in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Opfern (inkl. Dunkelziffer), deren Leben zerstört wurde und denen nicht gerecht wurde, weder gesellschaftlich noch juristisch. Menschen, denen sexualisierte/sexuelle, psychische und physische Gewalt angetan wurde, müssen vollumfänglich unterstützt werden, auch wenn man keine Wunden sieht. Die Narben unter der Haut fangen an zu heilen, wenn die Gesellschaft gerecht mit den Vorgängen umgeht.
Zwei persönliche Statements noch von zwei unserer Mitglieder:
Alex: “Stan Bowman ist eine Schande für unseren geliebten Sport und er dürfte meiner Meinung nach niemals wieder in einer verantwortlichen Position bei einem NHL-Team arbeiten. Hier gibt es für mich eine klare Grenze mit nullkommanull Toleranz und ich kann im Moment nicht ansatzweise ausdrücken wie enttäuscht ich über die Franchise und speziell Jeff Jackson bin. Wie kann man die Werte des Sports so mit Füßen treten?”
Christian: “Bereits vor einigen Wochen deutete sich dieses Elend an und mir wurde schlecht bei dem Gedanken. Wir haben uns immer klar positioniert und stehen da auch weiterhin zu 100% hinter diesen Werten, die unsere geliebten Oilers mit der Verpflichtung mit Füßen treten. Diese Aktion, dieser “Betrug” fühlt sich an, als würde dir die Liebe deines Lebens nach Jahren den Korb geben und mit dem ekelhaften Nachbarn durchbrennen. Die Enttäuschung über die Franchise und vor allem die Worte des zuletzt viel gefeierten CEO Jeff Jackson ist riesengroß.”
Was haltet ihr von dieser Verpflichtung? Ist diese für euch in irgendeiner Art und Weise nachvollziehbar?

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