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Quo Vadis NHL? – Die Referees

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Photo credit:Walter Tychnowicz-USA TODAY Sports
Frank Becker
2 years ago
Die Playoffs sind noch in vollem Gange aber bereits nach wenigen Spielen begann eine Diskussion rund um die NHL die es meiner Meinung nach wert ist aufgegriffen zu werden. Es geht, wieder mal, möchte man sagen um die Art wie das Spiel von den Referees geleitet und „gemanaged“ wird.
Bereits während der Saison kam es zur Suspendierung eines Referees. Tim Peel wurde das Opfer einer Maßnahme der NHL mit der man lediglich die Kritiker „zum Schweigen“ bringen wollte. Was war geschehen: Tim Peel verhing eine Strafzeit gegen Nashville (im Spiel gegen Detroit) aufgrund eines eher minderwertigen Vergehens und erklärte sich daraufhin auf dem Eis gegenüber der bestraften Mannschaft mit folgenden Worten: „Es war nicht viel, aber ich wollte eine frühe Strafzeit gegen Nashville aussprechen.“ Damit war in Sachen Strafzeit wieder Gleichstand zwischen beiden Teams hergestellt. Dumm für Tim Peel war nur, dass diese Erklärung über ein Mikrofon aufgenommen und danach öffentlich wurde.
Die anschließende Diskussion entzündete sich daran, dass diese Szene offenkundig machte, was an und für sich, weithin bekannt war. Die Schiris der NHL versuchen durch die Spielleitung ein „Gleichgewicht“ im Spiel herzustellen. Tim Peel, der seine letzte Saison an der Pfeife verbrachte, wurde „unehrenhaft“ entlassen und damit zum Bauernopfer in dieser unsäglichen Geschichte. Ihm war damit der wohlverdiente Abschied aus der stärksten Eishockeyliga der Welt verwehrt.
Ich möchte in diesem Artikel mitnichten die so populäre Schiedsrichterschelte bestreiten. Das Spiel auf der kleinen Eisfläche ist so irre schnell und demnach dermaßen schwer zu leiten, dass die Referees meinen allergrößten Respekt genießen. Aber ich denke, nichtsdestotrotz gibt es Rede- und Diskussionsbedarf vor allem mit und nach Beginn der Playoffs.
Man stelle sich folgendes Szenario vor. Es ist FIFA-Fußballweltmeisterschaft und plötzlich wären die Schiris viel großzügiger an der Pfeife. Allerweltfouls würden nicht mehr geahndet werden. Nur noch wenn ganz offensichtliche Fouls begangen würden, würde man das Spiel unterbrechen. Ich bin mir sicher, der mediale Aufschrei wäre gewaltig.
Nirgends in der Welt werden bei Mannschaftssportarten in den Finalserien plötzlich andere Maßstäbe in der Spielleitung angesetzt. In der NFL und in der NBA gelten die gleichen Standards. Nicht so in der NHL. Dort hat man den Playoff-Stil kultiviert indem man stillschweigend und von den Referees ungeahndet eine härtere körperliche Gangart akzeptiert Fadenscheinige Argumente werden ins Feld geführt, die Bedeutung der Spiele wird hervorgehoben, die Spieler müssen zu „echten Kerlen“ werden und ganz wichtig immer den „Kopf oben halten“!?!
Herausgekommen ist, dass sich Spieler in den Playoffs immer häufiger mal mehr mal weniger schwer verletzen, dass im Stanley-Cup-Finale nur noch Spieler auf dem Eis stehen deren gesamter Körper geschunden ist von den vielen harten körperlichen Hits und kaum einer ohne Schmerzmittel auflaufen kann. Das ganze Spektakel hat mehr den Charakter eines Gladiatorenkampfes als den eines hochklassigen auf technisch höchstem Niveau stehenden Eishockeyspiels. Die Starspieler werden geschunden und gejagt um sie in ihrer Spielfreude einzuschränken. Die Spieler der 3. und 4. Reihen, deren Fähigkeiten nachweislich mehr im körperlichen denn im spielerischen Bereich liegen werden plötzlich zu den Hauptakteuren und sind nicht selten das Zünglein an der Waage bei einem Meisterschaftstitel.
Ich will nicht falsch verstanden werden. Es geht nicht darum diesen Spielern ihre Daseinsberechtigung zu nehmen. Aber ich will doch schönes technisch hochwertiges und dennoch intensives Eishockey am Ende der Saison sehen. Es sollte nicht die Devise gelten, „Nur die Harten kommen in den Garten“.
Es ist bezeichnend, dass Connor McDavid in 8 Postseason-Games und insgesamt gespielten 540 Minuten (9 Stunden) nicht eine Strafzeit für sein Team herausholt. Wo doch offensichtlich zu sehen ist, dass er ständig behindert und gestört wird durch die unterschiedlichsten Vergehen, wie Behinderung, Stockschlagen, Haken etc.pp..
Erklärt wird das Ganze dann lapidar mit dem Narrativ „It’s playoff hockey“.
Natürlich nimmt die Intensität eines Eishockeysiels in den Playoffs zu. Immerhin geht es um den größten Titel den man im Eishockey gewinnen kann, deshalb dürfen doch aber in Sachen Fouls und Strafzeiten nicht automatisch andere Maßstäbe gelten. Das gibt es nirgends sonst auf der Welt!?!
Ein Foul muss ein Foul bleiben und demnach immer gleich behandelt werden, ganz egal zu welcher Zeit der Saison es begangen wird. Das Spiel ist schnell genug, so dass noch genug Fouls im Laufe eines Spieles übersehen werden. Es kann und darf nicht sein, dass Referees das Spiel versuchen zu managen. Wenn ein Team eben sieben bis achtmal in Unterzahl spielen muss während es selbst nur eine oder zwei Strafzeiten zieht, dann ist das eben so. Es wird unweigerlich dazu führen, dass sich dieses Team an die Gegebenheiten schnellstmöglich anpassen wird. Was wiederum zu einem besseren Hockeyspiel führen wird.
Es kann doch nicht sein, dass Mannschaften während der Saison an ihrem Unter- und Überzahlspiel arbeiten um dieses so gut als möglich zu perfektionieren und in den Playoffs kommen diese Fähigkeiten dann kaum noch zum Tragen, weil die Liga der Meinung ist, dass plötzlich ein ganz anderes Spiel gespielt werden muss.
Wenn man sich manche Spiel anschaut, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Goalies besser geschützt sind als die Starspieler. Behinderungen an denen werden strikter geahndet als wenn ein Weltklassespieler wie McDavid ständig „gehacked und gewhacked“ wird. Jedes Jahr beklagt die Liga die wenigen Tore im Spiel. Dann wird versucht durch Veränderungen am Goalie Equipment hier einen Effekt zu erzielen. Vorschlag zur Güte: Pfeift die Regelvergehen konsequent und die vielen Strafzeiten werden unweigerlich zu mehr Toren führen.
Nur noch ein kleiner Fakt am Rande zu der Thematik:
14 der 20 erfolgreichsten und damit wohl auch interessantesten Spieler (nach Punkten) sind bereits nach Runde 1 aus den Playoffs ausgeschieden. Honi soit qui mal y pense, oder wie der Engländer sagen würde: „Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt!“
Eishockey als körperbetontes Spiel muss und darf nicht grundlegend verändert werden. Es soll eine körperbetonte Angelegenheit bleiben, aber es gibt ein Regelwerk und das sollte konsequent eingehalten werden.
Ich frage mich auch warum sich hier die NHLPA (Spielergewerkschaft der NHL) nicht einschaltet. Man wird das Gefühl nicht los, dass man sich dort immer nur für die unterprivilegierten Spieler einsetzt. Kommt es zu einem Hearing vor der NHL-DoPS (NHL Department of Player Safety) so schickt die NHLPA immer nur einen Vertreter, der sich für die Belange des angeklagten Spielers einsetzt. Warum werden nicht die Interessen des geschädigten Spielers durch die gleiche Organisation vertreten. Das ist doch ein unsäglicher Zustand.
Wenn die NHL es nicht versteht und nicht schafft die dermaßen vielen hochtalentierten und technisch ausgezeichneten Spieler zu schützen, wird sie es nie aus dem Schattendasein heraus schaffen. Wenn man den alten „Holzköpfen“ exemplarisch seien George Parros (Senior Vice President of Player Safety) und Colin Campbell (Director of Hockey Operations) genannt, weiterhin die Bühne überlässt, dann wird es der NHL nicht gelingen die Popularität in der Welt des Sports zu steigern. Was schade wäre, denn Eishockey, ganz besonders jenes der NHL ist faszinierend, aufregend, spannend und wunderschön.

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