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Wie werden die Oilers ein Cup Contender?

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Photo credit:Dan Hamilton-USA TODAY Sports
Frank Becker
2 years ago
Zwei Jahre in Folge sind die Oilers nach guten Saisonleistungen, die jeweils Platz 2 in der Division einbrachten, in den Playoffs bzw. Playins krachend gescheitert. In der Saison 2019/2020 war in den Playins gegen die Chicago BlackHawks ein Team Endstation, welches den Einzug in die Qualifikationsrunde mit Ach und Krach geschafft hatte. Dennoch blieb das Team um Coach Tippett unterm Strich in einer best-of-five-Serie ohne Chance. Zu viele Spieler erreichten nach der pandemiebedingten Unterbrechung nicht mehr die Normalform und teilweise litt das Team aus Alberta auch an der eigenen Unerfahrenheit. Besonders auf dem Bullypunkt hatte man zu oft das Nachsehen insbesondere in entscheidenden Phasen.
In den Playoffs 2020/2021 begegnete man den Winnipeg Jets leistungstechnisch zwar eher auf Augenhöhe aber der 0:4 war schon eine herbe und deutliche Klatsche. Es wurden im Nachhinein zwar die unerbittlichen Hockeygötter und das fehlende Glück beklagt, da die Niederlagen eben immer nur knapp waren und teils unter unglücklichen Umständen zustande kamen. Allerdings greift dies meiner Meinung nach zu kurz. In einer Playoff-Serie muss man sich das Glück auch mal erzwingen bzw. erarbeiten. Und da konnte man in allen Spielen den Eindruck haben, dass es die Jets eben diese paar Prozentpunkte mehr wollten, als die Oilers. Sich damit zu trösten, dass die Spiele jeweils enge Angelegenheiten waren und knapp verloren gingen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Serie innerhalb einer Woche sang- und klanglos verloren wurde.
Nachdem ich mir viele andere Playoff-Spiele der Saison 2020/2021 angesehen habe, will ich es einmal wagen etwas tiefer in die Analyse zu gehen um deutlich zu machen warum wir vom Cup-Contender noch meilenweit entfernt sind.

Decade of Darkness

Während des Decade of Darkness gelang es den Oilers nicht eine Einheit zu formen die so auftritt, dass die Playoff-Teilnahme zur Selbstverständlichkeit wird. Obwohl man in dieser Zeit mit Top-Picks gesegnet war, hat man es nicht verstanden den jungen, vielversprechenden Talenten die entsprechenden Veteranen zur Seite zu stellen, in deren Schatten sich Spieler wie Eberle, Hall oder Nugent-Hopkins „in Ruhe“ hätten entwickeln können. Das zeigt schon die Tatsache, dass man aus den drei Talenten die Top-Reihe baute und bereits damit enorme Last auf ihre Schultern packte. Dazu kam noch, dass die Teamleitung das Potential der Abwehrspieler Jeff Petry und Justin Schultz nicht erkannte. Und auch einen Devon Dubnyk (Goalie) ließ man ziehen bevor er sein Potential entfalten konnte.
Die Konsequenz war, dass die Oilers über Jahre hinaus ein regelrechter Prügelknabe der NHL wurden. Von den Playoffs war man Lichtjahre entfernt und das schlug natürlich irgendwann auch auf das Selbstverständnis und die Psyche der Spieler durch.

Eine neue Ära

Mit der Ära Connor McDavid und Leon Draisaitl begann dann ein Umdenken auch gesteuert durch den neu dazu geholten und vielgescholtenen GM Peter Chiarelli, der plötzlich damit begann um die jungen Wilden einen ordentlichen Corps an gestandenen und erfahrenen NHL-Veteranen zu bauen. Verpflichtungen von Milan Lucic, Andrej Sekera, Kris Russell und Alex Chiasson, oder Trades für Patrick Maroon, Cam Talbot, Zack Kassian, Adam Larsson machten deutlich wohin die Reise gehen sollte. Mehr körperliche Präsenz, mehr Härte und mehr Wumms sollte für eine wesentliche Verbesserung sorgen. Dass Chiarelli damit auf dem richtigen Weg war, zeigten auch Aussagen vieler Gegner, die bestätigten, dass die Oilers der Saison 2016/2017 eben nicht mehr rumgeschubst werden konnten, sondern richtig eklig zu spielen waren. Natürlich hat Chiarelli im Laufe der Zeit auch vieles falsch gemacht, aber die Message zu diesem Zeitpunkt war klar und deutlich.
Coach Todd McLellan arbeitete parallel daran aus dem Haufen von Prügelknaben wieder ein Gewinnerteam zu formen. Ich erinnere mich an unzählige Presseauftritte des neuen Coaches als er mantramäßig wiederholte, dass es vorangig darum ginge aus der Mannschaft wieder ein Gewinnerteam zu machen bzw. diese Losermentalität zu beseitigen.
Dass GM und Trainer auf dem völlig richtigen Weg waren zeigt auch die Playoff-Teilnahme 2016/2017, der ersten nach 10 Jahren. Dem Sieg gegen die San Jose Sharks folgte ein unglückliches Ausscheiden gegen die Anaheim Ducks und ich behaupte heute noch, hätte sich Sekera nicht im Spiel 5 gegen die Ducks verletzt, wären wir ins Halbfinale eingezogen.
Leider flog den Oilers in den Folgejahren aufgrund von Verletzungen und Formschwächen der ganze Laden um die Ohren, was dann zu verheerenden Reaktionen des GM führte. Damit war die eigentlich gute Aufbauarbeit im Eimer und der neue GM musste unter denkbar schlechten Voraussetzungen (schlechter Kader, wenig Capfreiheit) seine Arbeit beginnen.
Erstaunlicherweise gelang es ihm gemeinsam mit dem neuen Coach Dave Tippett eine Mannschaft zu bauen, die die Playoff-Qualifikation leicht erreicht, aber dann in den Finalspielen versagt. Kommen wir zu den von mir ausgemachten Gründen.

Woran hapert es

Das Hauptaugenmerk lag zuletzt darauf einen Kader zu schaffen der genug Tiefe besitzt um erfolgreich durch die Saison zu kommen. Dabei wurde viel Wert auf Talent, Spielwitz und Schnelligkeit gelegt. Leider ging dies aber zu Lasten der körperlichen Präsenz und Robustheit. Eigenschaften die es unbedingt für einen Cup-Run in der heutigen NHL braucht. Playoff-Spiele sind ein Abnutzungskampf par excellence. Nicht selten werden einzelne Spiele von den Bottom 6 entschieden, weil sich die Topreihen neutralisieren. Oder weil sie sich einfach mal eine Auszeit nehmen, da sie in der zweiten und dritten Woche der Playoffs, mit durchschnittlich 20 Minuten auf dem Eis, aus dem sprichwörtlich letzten Loch pfeifen.
Wenn man die Intensität der Playoffspiele in den Runden 2 und 3 zum Gradmesser nimmt, und unseren derzeitigen Kader sieht, dann fragt man sich wirklich wie unsere Jungs dieser geballten körperlichen Power Stand halten wollen.
Viele Tore die in den Playoffs durch die Bottom 6 erzielt werden resultieren aus dem puren Chaos vor dem Tor. Mit unbändigem Willen und Engagement werden Scheiben zum Tor gebracht und wird bedingungs- und erbarmungslos nachgesetzt. Dadurch wird fehlendes Talent oder Können mehr als ausgeglichen.
Ein weiteres Problem mache ich an unserer eingeschränkten Fähigkeit Tore zu erzielen fest. Der Kader ist ausgesprochen dünn besetzt mit sogenannten Snipern oder Goalgettern. Die gesamte Last des Toreschießens liegt nahezu auf zwei Schultern. Gottlob hat sich durch die Verpflichtung von Tyson Barrie und der Leistungsexplosion von Darnell Nurse in der vergangenen Saison hier einiges auch an die blaue Linie verlegt. Aber wir müssen davon ausgehen, dass Tyson Barrie in der kommenden Saison nicht mehr zur Verfügung stehen wird und sein Ersatz/Nachfolger Evan Bouchard nicht auf Anhieb die gleichen Werte mitbringen wird.
Coach Tippett und der Trainer Staff legen sehr viel Wert auf die Special-Teams und das ist im Hinblick auf die Saison auch gut und richtig. Allerdings verlieren die Special Teams in den Playoffs zunehmend an Bedeutung weil die Refs zu oft die Pfeife in der Tasche lassen. Deshalb ist das 5vs5-Scoring so enorm wichtig. In dieser Kategorie haben wir enorme Defizite, da wir in der regulären Saison sehr von unserem exzellenten PP profitieren. Die Quintessenz daraus ist, dass wir im fünf-gegen-fünf eben zu wenig Tore erzielen.
Last but not least braucht es für einen Cup-Run einen Goalie der Extraklasse oder zumindest einen in Bestform. Carey Price und Andrej Vasilevski lassen grüßen.

Fazit:

Ken Holland muss bei seinen Verpflichtungen im Sommer darauf achten, dass er Spieler verpflichtet, die unsere Bedürfnisse erfüllen, die aber auch die körperlichen Voraussetzungen mitbringen in den harten Playoff-Runden zu bestehen.
Unsere Stürmer, ganz besonder Nuge, Puljujärvi und Yamamoto, müssen unbedingt an Ihrer Schussgenauigkeit und -qualität arbeiten und ich hoffe sehr, sie nutzen die Off-Season dafür. Zu oft versanden hochkarätige Chancen im Nichts.
Unsere Center müssen noch härter an ihren Face-Off-Fähigkeiten arbeiten. Auch wenn die Meinungen bezüglich der Wichtigkeit der Bullies weit auseinandergehen. Ich bin der Meinung wenn ich einen Spielzug in Scheibenbesitz beginnen kann ist dies immer ein Vorteil.
Aber: Absolute Priorität hat das Finden eines Goalies der uns sowohl in der regulären Saison als auch in den Playoffs die erforderliche Sicherheit gibt und der notwendige Rückhalt ist.

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